Samstag, 11. November 2017

Besser scheitern

"Immer versucht. 
Immer gescheitert. Einerlei.
Wieder versuchen.
Wieder scheitern.
Besser scheitern."



Liebe Yogafreunde!

​Dieses freimütige, sehr persönliche Zitat des Schriftstellers Samuel Beckett eröffnet diesen Text, weil die Dinge im Leben eben nicht immer so laufen, wie wir sie ​geplant haben. 

Seit einigen Wochen habe ich viel Gelegenheit mir anzuschauen, welche Muster greifen, wenn sich die Lebensumstände von einem Tag auf den anderen ungeplant und ungewünscht verändern. 
Was ist normalerweise unsere erste Reaktion auf das, was wir nicht wollen - die Kündigung im Job, eine Beziehung, die schmerzhaft endet oder anderen das Herz zerreißenden Verlust? Wir klassifizieren den Fakt als einen Misserfolg, als etwas, das uns von außen widerfährt. Und: Wir machen die anderen dafür verantwortlich.   

Die Meditationslehrerin Pema Chödrön sagt sehr deutlich, was passiert, wenn wir anderen die Schuld geben: 

"Wir entfernen uns vom Schmerz, davon, die tiefe Verwundbarkeit im Herzen zu halten."*

Die Verantwortung abzugeben fühlt sich im ersten Moment wie der einfachste aller Wege an. So ist der Schuldige schnell ausgemacht. Ein gängiges, fast automatisch ablaufendes Muster, weil wir sehr ans Bewerten und Kritisieren gewöhnt sind. "Unser Organismus ist stark darauf programmiert, Angenehmes zu suchen und Unbehagen zu vermeiden", erklärt Pema Chödrön. "Auf einer ganz grundlegenden Ebene assoziieren wir Unbehagen mit Gefahr, als etwas das wir loswerden müssen."

Wir verstricken uns also in Schuldzuweisungen - den anderen gegenüber und oftmals, mindestens genau so stark, gegen uns selbst. Wir sehen uns als Versager, als blind, taub und überhaupt nicht imstande etwas richtig zu machen. 

Wochen-, monate-, manchmal jahrelang fühlen wir uns ausgeliefert, reproduzieren immer wieder dieselben Bilder und suhlen uns so schier endlos im Schmerz. Ja, wir wissen aus der Erfahrung von Generationen: Die Zeit heilt auch die größten Wunden. Aber ganz ehrlich: Würden wir wirklich abwarten bis das Leid von selbst kleiner wird, wenn wir eine Idee davon hätten, dass genau dieser Zustand hilfreich für uns sein könnte?

Täglich beherzige ich die Ratschläge meiner Lehrer: Hinsetzen. Erfahren. Neugierig bleiben. Immer wieder: raus aus dem Kopf, rein in den Körper. Wie fühlt sich der Schmerz an? Wo schafft er Enge? Ist diese Enge manifest oder verändert sie sich von Moment zu Moment?  

Zugegeben, es ist unangenehm sich der Situation auf diese Weise zu stellen. Ich muss akzeptieren, dass es ein Knochenjob ist, an diesem Ort der eigenen Erfahrung zu bleiben. Wird die Intensität zu groß, dann strudelt der Geist sofort zurück in alte Gewohnheiten - in Beschuldigungen, Selbstvorwürfe und alle möglichen anderen  destruktiven Fluchtversuche und Verhaltensmuster.

Das Einzige, was mir jedoch jetzt wirklich hilft, ist, zurück zum Atem zu kommen, mich dem Schmerz zuzuwenden, ihn voll und ganz zu erleben und mich ihm auf diese Weise zu öffnen. Für mich geht es einmal mehr darum, den Unterschied wahrzunehmen zwischen einfach präsent sein, das Denken beobachtend. Oder sich von den Gedanken und Gefühlen ablenken, mitreißen und damit knechten zu lassen.

Pema Chödrön: "Wenn Sie ein vollständiger Mensch sein wollen, wenn Sie echt sein und nicht vorgeben wollen, dass alles entweder schwarz oder weiß ist, wenn Sie die Fülle des Lebens in Ihrem Herzen tragen wollen, dann ist dies die Gelegenheit, neugierig auf das zu werden, was da geschieht, und den inneren Geschichten einfach zuzuhören. Glauben Sie nicht den Geschichten, die anderen die Schuld geben. Und glauben Sie auch nicht den Geschichten, die Ihnen selbst die Schuld zuschieben."

Stattdessen wird eine ganz neue Art von Kommunikation möglich, ein ehrlicher Austausch von Herz zu Herz. Warum? Weil wir in unserer eigenen erlaubten Verletzlichkeit die Verbindung zu den anderen intensiver erfahren. Was uns eint: Wir möchten alle glücklich sein. Aber Glück ist immer eine Geisteshaltung. Auf dem Weg dahin kann es helfen, zunächst besser zu scheitern.

Herzlichst, Beate

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* Aus: Pema Chödrön: Vom Glück des Scheiterns.


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1. Lama Yeshe in Fürstenwalde

Ich bin sehr dankbar, meine buddhistische Lehrerin Lama Yeshe im Studio willkommen heißen zu dürfen. Sie ist die Leiterin des Dharmazentrums in Möhra bringt mit ihrem Besuch die Weisheit von knapp 40 Jahren Meditation zu Mandala Yoga.

Für Yeshes Vortrag am Mittwoch, den 15.11.17, um 18.30 Uhr, gibt es nur noch wenige Plätze. (Bitte meldet Euch an, wenn Ihr dabei sein wollt!)

Es wird sehr voll. Bitte erscheint rechtzeitig und bringt Euch ggfs. ein eigenes Sitzkissen mit! 

Ich bitte Euch herzlich um eine Spende ab 10 Euro pro Person. (Im Studio-Flur wird dafür ein Glas bereitgestellt.)

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