Mittwoch, 16. September 2015

Abschied in die Freiheit


"Denkt an den Gefangenen nicht als jemand anderen, versetzt Euch an seine Stelle!"
(Patrul Rinpoche)
 
Dieser warmherzige Appell an unser Mitgefühl ist mein Mantra für diesen Tag. Heute ist es soweit - unser Ridgeback-Rüde August darf seinen kranken Körper verlassen. Ich entscheide mich für "darf": Kein Lebewesen hat es verdient, zu leiden. Deswegen ist eine Entscheidung gegen das Leben unter Umständen von mehr Mitgefühl geprägt, als das Hinauszögern und Hoffen. Denke ich an August als unseren Familienhund, dann fühlt sich alles nach Verlust an: nach einem leeren Platz auf dem Hundesofa, nach Totenstille statt fröhlichem Willkommens-Bellen.

Ein guter Moment, meinen eigenen Gefühlen mehr Achtsamkeit entgegenzubringen. Bleibe ich stecken in meinem ganz persönlichen Abschiedskummer? Oder kann ich meinen Blick erweitern, mich in ein anderes Lebewesen hineinfühlen, seinen Schmerz spüren und so die leidbringende Trennung aufheben? (Es geht dabei übrigens mitnichten nur um Menschen oder ihre besten Freunde, die Hunde. Das Einswerden betrifft alle Lebewesen, wenn ich auch zugeben möchte, dass das Hineinfühlen in eine Stubenfliege schon zu den fortgeschrittenen Techniken gehört.)

Diese einbindende Sichtweise schneidet die Traurigkeit nicht ab. Im Gegenteil: Sie bittet uns mitten hinein. Wir dürfen mit allem sein, was sich zeigt. Nur unsere ewige Kommentierung und Zensierung wird überflüssig.

Denn letztlich ist jeder Moment, den wir erleben, eine Erinnerung daran, wie kostbar unser Dasein ist - mit und ohne Tränen.